Der Kampf ums Wasser – Türkei kappt erneut die Wasserversorgung von Tausenden Menschen

In einem Interview mit Sozdar Ehmed, Vertreterin des Instituts für Wasser in der Region Hesekê, sprachen wir über die aktuelle Wassersituation in der Region in Zeiten der Covid-19 Pandemie, nachdem die Wasserversorgung zum fünften Mal durch die Türkei unterbrochen wurde.

Einige Tage nachdem wir das Interview geführt hatten, wurde die Wasserleitung gezielt durch einen erneuten Angriff der türkischen Armee auf Til Temir am 3. April zerstörte. Dies führte zu neuen Komplikationen bei der Wasserversorgung einer der bevölkerungsreichsten Städte in Nord- und Ostsyrien und damit weiteren Schwierigkeiten und Gefahren im Hinblick auf die Corona Virus Pandemie.

1. Wie ist die momentane Wassersituation in Hesekê? Wie wird davon gerade das Leben der Bevölkerung vor allem bezüglich Sauberkeit und Gesundheit beeinflusst?

In Heseke leben ca. 650.000 Menschen, die täglich 10.000 Kubikmeter Wasser benötigen. Wir können jedoch nur 4.000 Kubikmeter mithilfe von Wassertanks verteilen. Dieses Wasser dient auch nur zum Trinken, das Wasch- und Spülwasser kommt aus Wasserbrunnen, die im nötigsten Falle sogar dafür verwendbar sind. Es gibt also viele Risiken, die sich aufgrund des Wassermangels auf die Ausbreitungen von Krankheiten auswirken.

2. Was für Schwierigkeiten sieht die Bevölkerung und welche Position bezieht sie gegenüber der unmenschlichen Politik des türksichen Staates?

In diesen Zeiten, in denen sich das Corona Virus überall auf der Welt verbreitet hat, stehen wir vor großen Schwierigkeiten, denn Wasser ist die Grundlage für den Schutz gegen das Virus, aber es ist kein Wasser verfügbar.

Die Menschen haben jetzt sowie in der Vergangenheit erkannt, dass die Türkei ein terroristischer, brutaler Staat ist, der eine feindselige und unmenschliche Politik verfolgt. Die Menschen machen nicht viel Druck auf uns als Wasserinstitut, weil sie wissen, dass die Wasserstation unter der Kontrolle des türkischen Staates und in den Händen der Dschihadisten ist, weshalb sie kein Wasser haben.

Das Wasserversorgungssystem wurde durch einen Angriff der Türkei am 3. April in Til Temir zerstört

3. Das Wasser wurde ein weiteres Mal von den türkischen Besatzern gekappt. Warum? Welche Ziele verfolgt der türkische Staat gerade auch bezüglich der weltweiten aktuellen schwierigen Situation und deren Gefahr auf die Gesundheit der Menschen?

In den letzten vier Monaten haben sie vier Mal das Wasser aus Alok gekappt. Jedes Mal wird die Wasserversorgung für eine Weile unterbrochen. Das letzte Mal wurde das Wasser am 28. März gekappt. Die Besatzer in Serê Kaniyê fordern mehr Strom und nutzen das Wasser als Druckmittel. Obwohl sie Strom haben, wollen sie mehr Strom und unterbrechen deshalb unsere Wasserversorgung.

Hesekê ist eine große Stadt in der Nähe der Türkei. Wenn in einer solch großen Stadt wie dieser sich das Corona Virus verbreitet, wird es sich auch auf die Turkei ausweiten. Wenn sich die Krankheit hier ausbreitet, breitet sie sich im gesamten Mittleren Osten aus, da Heseke weder ein Dorf noch eine kleine Stadt ist, die so einfach kontrolliert werden kann, wenn sich die Krankheit ausbreitet.

Einerseits verfolgt die Türkei damit das Ziel, die Menschen hier zu vertreiben, damit sie ihr Land und ihre Städte aus Durst verlassen. Darüber hinaus können wir auch nicht ausschließen, dass die Türkei möchte, dass sich das Virus Covid-19 hier in der Region ausbreitet.

4. Vor geraumer Zeit hatten sie schon einmal das Wasser gekappt und wollten im Gegenzug Elektrizität haben. Was wollen sie dieses Mal?

Ihre Forderungen bleibt mehr Strom. Das erste Mal wurden sich auf 5 Megawatt geeinigt voran sich die türkischen Besatzer nicht gehalten haben. Laut des Instituts für Elektrizität haben sie bis zu 23 Megawatt Strom gezogen, statt der vereinbarten 5 Megawatt.

5. Laut den Nachrichten der North Press Agency wollen sie 30 Megawatt Strom. Wieviel sind 30n Megawatt bzw. Wie viele Haushalte oder Städte können damit versorgt werden? Warum wollen sie soviel Strom?

Laut des Instituts für Elektrizität fordern die türkishen Besatzer weitere 30 Megawatt Strom, aber es wird vermutet, dass sie diese 30 Megawatt nicht für allein Serê Kaniyê wollen, sondern den Strom weiterleiten wollen nach Girê Spî und weitere Gebiete, die unter ihrer Besatzung sind. Aber diese Stromleitungen sind sehr alte Leitungen und wenn man mehr als 10 Megawatt zieht, schadet das sowohl den Leitungen als auch dem Stromerzeugungwerk des Staudamms. Da die Leistung der Leitungen nicht ausreichen, kann ihnen aus technischen Gründen nicht mehr Strom geliefert werden.

Wieviel ist nun 30 Megawatt? Zuvor wurde nach Serê Kaniyê, einschließlich Til Alok, insgesamt mit all seinen Einwohnern 10 Megawatt Strom gesendet, was sogar zu viel war. Jetzt muss man bedenken, dass ein Großteil der Menschen geflüchtet ist. Sie wollen den Strom auch für andere Städte, aber die Leistung dieser Stromleitung reicht nicht aus, um so viel Strom weiter zu leiten.

Wasserstation für die Region Hesekê

6. Wie reagieren sie auf die erneute schwierige Situation? Wir haben gehört, dass Sie momentan an einem neuen Projekt in der Umgebung Hesekês arbeiten. Können Sie uns etwas zu diesem Projekt erzählen? Um was für ein Projekt handelt es sich dabei? Wann wird es fertig sein und wieviel Wasser wird dieses Proejkt für die Bevölkerung bereitstellen können?

Für unser neues Projekt graben wir 50 Brunnen, deren Wasser in der Wasseraufbereitungsstation gereinigt wird. Dieses Wasser ist nach internationalen Standards trinkbar. Die Brunnen, die uns zur Verfügung stehen, sind nicht sehr tief, etwa 100 Meter.

Nehmen wir an, dass jeder dieser Brunnen 15 Kubikmeter Wasser pro Stunde liefert, das würde bedeuten alle zusammen ingesamt 750 Kubikmeter Wasser pro Stunde. Das Wasser dieser Brunnen ist im Vergleich zu den Brunnen in Alok sehr gering, aber wir können dieses Wasser an die Menschen verteilen, damit sie nicht Verdursten. Mit diesem Projekt können wir einmal pro Woche Wasser an die Bevölkerung verteilen. Dieses Projekt und das Wasser, das dadurch gewonnen wird, ist als Ersatz gedacht. Sobald das Wasser der Alok Wasserstation unterbrochen wird, können wir dieses Wasser an die Menschen verteilen, damit sie hier nicht verdursten.

Ende März haben wir dieses Projekt offiziel begonnen und haben uns zum Ziel gesetzt, dass wir das aus diesem Projekt gewonnene Wasser Ende April an die Menschen verteilen können.

7. Gibt es sonst noch etwas, das Sie hinzufügen möchten?

Wir möchten, dass unsere Stimme die Vereinten Nationen und alle Menschen erreicht. Wir fordern das die Alok Wasserstation der Kontrolle des türkischen Staates entzogen wird und die Station unter die Kontrolle einer dritten unabhängigen Partei kommt. Wenn es keine politische Lösung gibt, wird es hier sehr schwierig werden und sie werden weiterhin das Wasser willkürlich abschneiden, wann immer sie wollen.

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