Grüße aus Rojava, Nord Ost Syrien
Liebe Freundinnen und Freunde,
die Lage ist ernst.
Seit einigen Tagen haben neue Kräfte in Syrien das Sagen. Kräfte, die sich in den kommenden Jahren in nichts weniger wie die Taliban oder die AKP entwickeln werden. Gemäßigt angefangen und dann immer mehr faschistisch geworden.
Während die Welt damit beschäftigt ist über den politischen Wandel Syriens zu debattieren, hat die Türkei mit einer von langer Hand geplanten Invasion Rojavas begonnen. Mit jihadistischen Bodentruppen und türkischer Luftwaffe werden die Städte der demokratischen Selbstverwaltung Nord und Ostsyriens angegriffen. Die lokalen Selbstverteidungskräfte haben sich lange auf diese Lage vorbereitet, sie agieren mit entsprechend moderner Taktik des Städtekrieges und unter Einsatz neuer Technologien. Tausende von KämpferInnen sind in diesem Moment im Gefecht und verteidigen die Revolution in Rojava.
Vor genau 10 Jahren waren wir Zeugen des Kampfes um Kobane und des Sieges der YPG und YPJ über den IS. Heute sind es die selben Kräfte, die sich erneut in Kobane gegenüber stehen.
Den Menschen hier in Rojava ist das glasklar: Die Milizen, die im Interesse der Türkei agieren, sind der IS. Sie haben nur ihre Kleidung gewechselt, aber es sind die selben Methoden, die selbe Ideologie, das selbe Ziel. Das Leben unter dem IS war grausam, insbesondere für Frauen. Dasselbe steht dieser Region bevor, wenn wir diese Kräfte nicht aufhalten.
Kobane hat die Welt und uns verändert.
Heute ist Kobane in Gefahr, Rojava ist in Gefahr!
Die Nachricht, die uns in diesem Kampf zum Erfolg führen wird, hat Abdullah Öcalan uns aus seiner Gefängniszelle in Imrali zukommen lassen:
Vertraut in eure Kraft!
In der aktuellen Lage können wir alle unsere Rolle spielen.
Wir alle gemeinsam werden Rojava verteidigen. Es liegt an uns allen.
Die Welt muss stillstehen, wir müssen Unmögliches möglich machen.
Jede und jeder auf ihre Art und Weise, alle können etwas tun.
Jeden Kontakt, jeden Verband, jeden Menschen – in allen müssen heute den Funken der Revolution entfachen.
Wir sind in einer außerordentlichen Situation.
Es ist Mitte Dezember, Weihnachten steht vor der Tür und die Kommandozentrale in Ankara bereitet sich darauf vor, Rojava zu besetzen und in ein Blutbad zu verwandeln.
Ein weiterer Krieg gegen die KurdInnen hat begonnen. Ein neuer Krieg gegen die Menschen, die ihr wertvollstes im Kampf gegen den IS gegeben haben – ihre eigenen Kinder.
15 000 Gefallene gaben sie im Kampf gegen den IS und 10 Jahre später will die Türkei sich am Sieg der KurdInnen in Kobane rächen.
Die Völker der Region, die so viel Leid gesehen haben, stehen heute wieder der Bedrohung eines Genozids gegenüber. Dieser hat am 1. Dezember bereits begonnen, als 200 000 Binnenflüchtlinge, die ehemalige Bevölkerung Afrins, von Söldnern der Türkei aus ihren Flüchtlingslagern in Sheba vertrieben wurden. Sie haben bei der erneuten Flucht ein solch unfassbares Leid erlebt wie 2014 die EzidInnen in Shengal durch den Angriff des IS. Damals wie heute sind die Gebiete der Selbstverwaltung Nord Ost Syriens der einzige sichere Hafen der Menschen auf der Flucht.
Dieser sichere Hafen ist jetzt bedroht.
Die Gefahr ist unmittelbar und sie ist groß.
Denn ein Angriff auf Kurdistan ist wie immer nicht nur ein Angriff der Türkei, sondern internationaler Kräfte, die am Krieg beteiligt sind. So wie in Halabja deutsches Giftgas eingesetzt wurde und in Afrin deutsche Panzer – wenn internationale Rüstungsfirmen an die Türkei liefern, wenn die NATO grünes Licht für diese Massaker gibt, dann sind heute all die Länder in denen wir leben, Mittäter in diesem abscheulichen Krieg.
So sehr die Kräfte, die Rojava angreifen, international agieren,
so sehr müssen auch wir international agieren.
So sehr die Kräfte, die uns angreifen, organisiert sind,
so sehr müssen auch wir uns organisieren.
Diejenigen, die den neuen Angriff auf Kurdistan durchführen, werden kein Weihnachten und auch keinen Schlaf kennen.
Um Kurdistan gemeinsam erfolgreich zu verteidigen, dürfen auch wir kein Auge zu tun.
Als demokratische Kräfte weltweit ist unser Platz in diesem Kampf Schulter an Schulter mit unseren FreundInnen in Rojava.
Wir alle können vieles tun.
Wir können großes bewirken,
Wir alle sind Teil von etwas, das größer ist als wir selbst.
So wie die Bedeutung Rojavas weltweit größer ist, als wir es begreifen können.
Rojava ist Hoffnung. Wir sind Hoffnung.
Wir kämpfen gemeinsam.
Was auch immer kommen wird, es wird großartig sein.
Bijî Rêber Apo!
Bijî Berxwedana Rojava!
Jin Jiyan Azadî!
P.S. An die Maulwürfe.
Es ist Zeit sich zusammenzutun. Es ist Zeit, überall Zellen des Widerstandes zu schaffen.
Es ist Zeit, den Kapitalismus aus unseren Köpfen und unseren Leben zu vertreiben.
Es ist Zeit, die Tore Imralis zu öffnen.
Es ist die Zeit der wahren Freundschaft, die Zeit des Frühlings, die Zeit derjenigen würdig zu werden, die einst ihr Leben für uns gaben.
Es ist die Zeit der Demokratischen Moderne.